Schmelzzwiebeln

Schmelzzwiebeln in der Pfanne, Phase 1: Zwiebeln sind noch sehr hell
Schmelzzwiebeln Phase 1: Nach 3 – 4 Minuten in der Pfanne sind die Zwiebeln hellblond und wirken noch vergleichsweise unbeeindruckt
Schmelzzwiebeln in der Pfanne, Phase 2: Zwiebeln sind minimal gebräunt
Schmelzzwiebeln Phase 2: Nach 5 – 7 Minuten sind die Bräunungsspuren deutlicher, die Zwiebeln aber immer noch recht hell
Schmelzzwiebeln in der Pfanne, Phase 3: Zwiebeln sind goldbraun und fast weich
Schmelzzwiebeln Phase 3: Die »Schmälzzeit« beträgt inzwischen etwa 8 – 10 Minuten, die Zwiebeln sind goldbraun und fast weich, ihr Volumen ist sichtbar geschrumpft
Schmelzzwiebeln in der Pfanne, Phase 4: Zwiebeln sind deutlich gebräunt und komplett weich
Schmelzzwiebeln Phase 4: Nach etwa 12 – 15 Minuten sind die Zwiebeln stark gebräunt und vollständig weich, das Volumen beträgt höchstens noch die Hälfte des rohen Gemüses

Rostbraten, Käsespätzle, Maultaschen und Gaisburger Marsch haben zwei Dinge gemeinsam: erstens sind alles Gassenhauer der schwäbischen Küche, zweitens werden sie fast ausnahmslos mit Schmelzzwiebeln gekrönt. Es ist durchaus möglich, dass auch im Sauerland, der Uckermark oder im Erzgebirge Schmelzzwiebeln gegessen werden, ich kenne mich mit regionalen Küchen nördlich der Mainlinie leider nicht besonders gut aus. Fest steht, dass sie im Südwesten Deutschlands von zentraler Wichtigkeit sind – der schwäbische Parmesan, wenn Sie so wollen.

Der Vergleich ist nicht so weit hergeholt, wie es scheinen mag: Zwiebeln enthalten ebenso wie Parmesan Glutaminsäure, die umgangssprachlich als Glutamat zweifelhaften Ruf genießt, aber natürlicher Bestandteil vieler Lebensmittel ist und für den fünften Geschmack Umami sorgt, den wir alle heiß und innig lieben. Schmelzzwiebeln sind sozusagen die Umami-Maximierung der Zwiebel: Erst die beim Anbraten einsetzende Maillard-Reaktion und parallele Karamellisierung, dann das langsame Weichschmurgeln samt geschmacklicher Intensivierung durch Flüssigkeitsverlust. Günstiger können Sie Ihr Essen schwerlich umamisieren, was die Beliebtheit im Schwäbischen mit erklären mag.

Schmelzzwiebeln in der Pfanne: Zwiebeln sind deutlich gebräunt und komplett weich

Rezept2 – 4 Personen

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Schmelzzwiebeln

  • 2 mittelgroße Zwiebeln
  • 30 g Butter
  • 1/2 TL Zucker
  • etwas Brühe oder Wasser
  • Salz und Pfeffer

Zwiebeln schälen, halbieren und in feine Streifen schneiden.

Butter bei verhaltener Hitze in einer Pfanne schmelzen, Zwiebeln mit dem Zucker darin gemächlich anbraten und immer wieder umrühren. Die Zwiebeln sollen nur ganz langsam Farbe annehmen.

Nach etwa 8 – 10 Minuten werden die Zwiebeln wohl goldbraun sein und in der Pfanne werden sich Bratspuren entwickelt haben. Jetzt mit etwas Brühe oder Wasser ablöschen – nur soviel, dass sich der Bratsatz von der Pfanne löst und die Flüssigkeit sehr schnell wieder verdampft. Diesen Vorgang mehrmals wiederholen, bis die Zwiebeln nach insgesamt ca. 12 – 15 Minuten Garzeit vollständig weich und satt gebräunt sind. Abschmecken mit Salz und Pfeffer.

Schmelzzwiebeln hießen ursprünglich Schmälzzwiebeln oder geschmälzte Zwiebeln, vom Schmalz, in dem sie angebraten wurden und das Sie statt der Butter natürlich ebenfalls benutzen können.

20 Kommentare

  • Yeet # 1 – 27.05.20, 13:42 Uhr

    Gutes rezept top

  • Yeet2 # 2 – 21.10.20, 23:36 Uhr

    Was zur Hölle heißt Weichschmurgeln heißen?

    • Ralf Schmid # 2.1 – 22.10.20, 11:29 Uhr

      Gute Frage! Ich suchte beim Abfassen nach einem hübschen Wort für »total gemütlich vor sich hin braten« oder, noch gemütlicher: »hin bräteln«. Weil ich nichts Gescheites fand, hielt ich mein Ohr an die Zwiebeln und vernahm ein zufrieden klingendes »schmurgel, schmurgel«, das mir so gut gefiel, dass ich es verwendet habe. Für Ihre Hölle eignet es sich aber nicht so gut, weil in der ja scharf angebraten, über Weißglut gegrillt und in wütend zischendem Fett hochleistungsfrittiert wird. Was Sie da hören, ist eher »aufheul«, »jammer« oder »stöhn« und an ganz schlimmen Tagen auch »kreisch«, »um Gnade winsel« etc.

      • Claudio # 2.1.1 – 20.11.23, 17:49 Uhr

        Herrlich!

    • Veithamburg22 # 2.2 – 05.03.21, 09:54 Uhr

      Weichschmurgeln bedeutet garen. Langsam vor sich hin kochen wäre es wohl genau übersetzt. :)

    • Fred # 2.3 – 06.10.21, 21:48 Uhr

      So schmeck’s halt nur in Bayern. Weichschmurgeln gibt’s nur da. : )

      • Gaby # 2.3.1 – 11.03.23, 13:47 Uhr

        Schmuggeln gibt es auch bei den schwaben

        • Gabi # 2.3.1.1 – 21.08.23, 15:54 Uhr

          Schmuggeln ist nicht schmurgeln.

    • Felix # 2.4 – 19.06.22, 11:00 Uhr

      Schon bei Wilhelm Buschs Max und Moritz heißt es

      “Durch den Schornstein mit Vergnügen
      Sehen sie die Hühner liegen,
      Die schon ohne Kopf und Gurgeln
      Lieblich in der Pfanne schmurgeln”

  • Heike # 3 – 28.10.20, 17:16 Uhr

    Sehr lecker!
    Und der Kommentar zur Hölle ist einfach göttlich

    • Ralf Schmid # 3.1 – 28.10.20, 17:26 Uhr

      Lassen Sie das mit dem Göttlichen nur nicht den Teufel wissen. Der steht da nicht so drauf.

    • Susann Boesche # 3.2 – 11.11.20, 09:40 Uhr

      Ich musste schallend Lachen ob des Kommentars mit dem Göttlichen – da der ja seinen Lieblingssohn den Lichtbringer in das Gefilde das wir als Hölle kennen geschickt hat, um da für Ordnung zu sorgen.- Je nachdem an welche Version des Märchens, das so mancher Bibel nennt, man denn glaubt. (Er hat es also doch mit der Hölle ;))

      Da dies Schmelzzwiebeln allerdings Versuchung und Sünde pur sind – hat der gute alte Lucifer da bestimmt auch mal seine Finger dran gehabt. Ich werde sie jedenfalls genießen :)

    • Ralf Schmid # 3.3 – 11.11.20, 17:15 Uhr

      Ein bescheidenes Gemüse, vergleichsweise kalorienarm zubereitet ist bereits Versuchung und Sünde pur? Na, ich weiß ja nicht – früher war der Bogen irgendwie weiter gespannt, wenn ich mich recht erinnere.

  • Mike Milewski # 4 – 10.04.22, 06:58 Uhr

    Schmälzzwiebeln heißen auch heute noch Schmälzzwieben. Schnee und Eis können schmelzen, Zwiebeln können das nicht! Und es kommt immer noch vom Schmalz, in dem die Zwiebeln gebraten werden. Butter hat im Übrigen im Rezept nichts verloren…
    Bin Schwabe und Gastronom und weiß wovon ich rede…

    • Ralf Schmid # 4.1 – 10.04.22, 11:56 Uhr

      In einer idealen Welt würden die Menschen ganz sicher erstmal schwäbische Gastronomen konsultieren, um zu erfahren, wie sie korrekt sprechen und welches Fett sie wofür verwenden dürfen. Die wirkliche Welt folgt aber nun mal leider der normativen Kraft des Faktischen, ablesbar beispielsweise bei Google: Schmälzzwiebeln 208 Treffer, Schmelzzwiebeln 14.400, weitere 26.400 zu Zwiebelschmelze. Dazu kommt der beklagenswerte Umstand, dass Schmalz in mitteleuropäischen Haushalten längst zum Nischenprodukt schrumpfte, sofern man überhaupt schon mal davon gehört hat. In meiner Eigenschaft als gelegentlicher Spontandichter möchte ich drittens noch auf das Phänomen Metapher verweisen. Naturwissenschaftlich betrachtet ist das Herz im Wesentlichen ein Muskel und als solcher nicht schmelzfähig, in der Poesie schmolzen Herzen hingegen bereits millionenfach, ohne dass ein Ende absehbar wäre.

      Wer nun rechter hat? Wir wissen es nicht. Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass die verbreitete Annahme, alle außer einem selbst wären Idioten, nur in extrem seltenen Fällen zutrifft.

    • Felix # 4.2 – 19.06.22, 10:54 Uhr

      JAAA!
      Danke!

  • Mucda99 # 5 – 20.12.22, 08:42 Uhr

    Das Rezept ist so gut (erklärt) wie die Kommentare des Verfassers geistreich und humorig. Eine Freude für alle Sinne die Gott uns geschenkt hat.
    Butter und Schmalz, Gott erhalts! Für meinen vegetarischen Mann ist erstere die gute Alternative und die Schmälzzwiebeln schmelzen auch so auf der Zunge dahin. Somit ist das e in der wohl Google geschuldeten und somit gewählten Schreibform auf alle Fälle berechtigt.

  • sabine # 6 – 18.01.23, 13:00 Uhr

    mega antwort! :)

  • Sophia # 7 – 25.01.23, 17:42 Uhr

    “in feine Streifen schneiden”

    wird ja neuzeitlich gerne längs der Pflanzenfaser vollzogen, bei Lauch z.B. oder Frühlingszwiebeln, sieht halt gut aus, ist jedoch nicht zum Kauen geeignet …

    wir schneiden immer quer zur Faser…

  • Manu # 8 – 08.01.24, 23:03 Uhr

    Sooo schade, dass ich Sie und Ihr Kompendium erst jetzt kennenlerne. Ihr Vergleich von Schmelzzwiebeln mit Parmesan hätte sich gut gemacht in der Masterarbeit, die ich 2014 schrieb. “Zwischen Kolosseum und Hofbräuhaus” handelt davon, wie wir kulinarisch von den alten Römern und ihren Nachfolgern auf dem Stiefel erobert wurden. Da ist so einiges auf Ihrer geistreichen Webseite, das ich gern als Auflockerung zwischendrin zitiert hätte :-)

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