Borschtsch

Borschtsch in Schale angerichtet, mit Topping aus Sauerrahm und Dill
Ein Esser sieht rot: Borschtsch in voller Farbenpracht

Fragen Sie westliche Nichtrussen, welche Gerichte der russischen Küche ihnen einfallen, wird Borschtsch mit einiger Sicherheit unter den ersten fünf der Aufzählung genannt werden – sofern sie überhaupt fünf zusammenbringen. Kaviar, Piroschki, Bliny und vielleicht noch Bœuf Stroganoff, dann wird es meistens schon recht eng. Die kaum vorhandene Kenntnis russischer und generell osteuropäischer Küchen ist wohl weniger sachlich als ideologisch unterfüttert, nicht umsonst lernen wir seit Generationen, dass alles Böse aus dem Osten kommt. Hartnäckiger Ressentiments zum Trotz fanden einige Gerichte dennoch den Weg auf westliche Tische, was Ihnen angenehme Erlebnisse wie den Verzehr eines Tellers Borschtsch ermöglicht.

Lupenrein russisch ist der Borschtsch übrigens gar nicht, sein Ursprung liegt nach Auffassung vieler in der Ukraine. Auch war er nicht immer so knallrot wie heute, sondern zunächst ziemlich grün. Der Name Borschtsch leitet sich ab vom Barszcz, das ist in den slawischen Sprachen der Doldenblütler Bärenklau, der in früheren Zeiten die Hauptzutat bildete, bis er ab dem 15. Jahrhundert allmählich von der Roten Bete abgelöst wurde, als diese von Italien über Deutschland nach Osten gelangte. Ursprung hin oder her: Borschtsch ist heute aus vielen osteuropäischen Küchen nicht wegzudenken, neben Russland und der Ukraine zählt er auch in Polen, Weißrussland und Rumänien zu den kulinarischen Grundlagen.

Gemüse,  geschnitten für Borschtsch: Rote Bete, Spitzkohl, Karoffen, Zwiebeln
Erstmal schnippeln: Gemüse für den Borschtsch
Borschtsch kochen: Gemüse anbraten
Noch ist nicht alles eingefärbt: Gemüse anbraten

Zutaten und Zubereitung

Für Borschtsch existiert weder ein »Originalrezept«, noch gibt es richtigen oder falschen Borschtsch. Was die unübersehbare Vielfalt der Zubereitungen eint, sind die mehrheitlich mit Hauptrollen bedachten Zutaten Rote Bete, Weißkohl, Rinderbrühe und Rindfleisch. Nebenrollen übernehmen alle Arten von Rüben, etwa Karotten, Petersilienwurzeln und Pastinaken, genauso wie Zwiebeln, Lauch, Tomaten oder Paprika. Mit einiger Wahrscheinlichkeit enthält der Borschtsch außerdem Kartoffeln, und fast immer wird er mit Sauerrahm und Kräutern serviert.

War es jahrhundertelang die Regel, milchsauer vergorene Rote Bete zu verwenden, sind frische Rüben inzwischen gebräuchlicher. In der Konsequenz hat sich das Geschmacksbild des Eintopfs gewaltig verändert. Vergorenes Gemüse schmeckt deutlich sauer und ergibt eine entsprechende Suppe, während die unvergorene Rote Bete beim Garen eine ausgeprägte Süßlichkeit entfaltet, und den Eintopf nicht nur farblich, sondern auch geschmacklich dominiert. Weil das Ganze fast ein bisschen zu dick aufgetragen erscheint, benötigt der Borschtsch zur Balance zwingend Säure – erstens durch die Zugabe von Essig oder Zitrone, zweitens durch das Sauerrahm-Topping beim Anrichten.

In Sachen Konsistenz herrschen unterschiedliche Vorlieben. Mitunter wird das ganze Gemüse fein geraffelt, sodass der Borschtsch einem fransigen, etwas flüssigeren Püree ähnelt. Ich selbst bevorzuge Varianten mit präzise geschnittenen Gemüsestücken, die zwar am Ende alle rot eingefärbt sind, aber noch klare Formen aufweisen und für ein differenziertes Mundgefühl sorgen. Nahezu unverzichtbar scheinen mir die mürben Rindfleischstücke im Eintopf, deren Textur und aromatische Dichte höchst willkommene Inseln im blutroten Gemüsemeer bildet. Eine kleine Unbequemlichkeit resultiert aus den abweichenden Garzeiten: Rote-Bete-Würfel brauchen länger als ähnlich große von Kartoffeln oder dünne Scheiben von Karotten. Es ist insofern ratsam, die Rote Bete 10 Minuten vorzugaren.

Wie praktisch alle Eintöpfe ist der Borschtsch in erster Linie ein Hauptgericht. Als Suppe innerhalb eines Menüs ist er entschieden zu mächtig, zumal seine üppige Ausstattung nicht verhandelbar ist – der Löffel müsse im Gemüse stecken bleiben, zumindest darin sind sich alle Borschtsch-Anhänger einig.

Zwei leer gegessene Schalen, rot gefärbt vom Borschtsch
Was vom Bortschtsch übrig blieb …
Borschtsch in Schale angerichtet, mit Topping aus Sauerrahm und Dill

Rezept2 – 3 Personen

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Borschtsch

  • 1.200 ml Rinderbrühe
  • 300 g gekochtes Rindfleisch, z. B. Brust (Nebenprodukt der Brühe)
  • 600 g Rote Bete
  • 300 g Spitzkohl
  • 400 g Kartoffeln (festkochend)
  • 150 g Karotten
  • 150 g Petersilienwurzeln
  • 100 g Zwiebeln
  • 2 Lorbeerblätter
  • Butterschmalz zum Braten, Salz, Pfeffer, Zitronensaft
  • 150 g Sauerrahm
  • 1/2 Bund Dill

Gemüse schälen und schneiden: Rote Bete und Kartoffeln in 12 – 15 mm große Würfel, Karotten und Petersilienwurzel in 2 mm dicke Scheiben, Zwiebeln in Streifen, Spitzkohl in Blättchen von ca. 25 – 30 mm Kantenlänge.

Rote Bete in leicht gesalzenem Wasser 10 Minuten vorkochen, auf Sieb schütten und abtropfen lassen.

Zwiebeln bei mäßiger Hitze in Butterschmalz anbraten, bis sie goldgelb sind. Rote Bete, die anderen Gemüse und Lorbeerblätter dazugeben, 5 Minuten mitbraten. Soviel Brühe angießen, dass die Gemüse knapp bedeckt sind – der Borschtsch sollte nicht zu dünn werden, insofern lieber später bei Bedarf nochmal nachsteuern. Kartoffeln in den Eintopf geben und zugedeckt unter gelegentlichem Rühren etwa 30 – 40 Minuten auf kleinster Flamme garen, bis Gemüse und Kartoffeln weich sind.

Zum Ende der Garzeit Rindfleisch in mundgerechte Stücke schneiden, unter den Borschtsch rühren und einige Minuten erwärmen.

Lorbeerblätter entfernen, ggf. Brühe nachgießen und den Eintopf mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft abschmecken.

Beim Anrichten großzügig mit Sauerrahm krönen und mit reichlich gehacktem Dill bestreuen.

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