Semmelknödel
- EN bread dumplings
- FR boulettes à base de pain
- ES abóndigas de pan vienés
- IT gnocchi di pane
Wann und wo genau der erste Semmelknödel die kulinarische Welt bereicherte, lässt sich nicht zweifelsfrei festmachen. Wenn wir aber großzügig die aktuellen Gebiete Bayerns, Österreichs und des westlichen Tschechiens (also Böhmens) umreißen, können wir einigermaßen zuversichtlich sein, dass es irgendwo innerhalb unseres Umrisses passiert ist. In diesen Landstrichen sind Semmelknödel bis heute eine äußerst populäre Beilage und die Begeisterung strahlt noch in den Osten Baden-Württembergs, während sie nördlich des Mains rapide abfällt.
Zutaten und Zubereitung
Wesentlicher Bestandteil von Semmelknödeln sind – wer hätte es gedacht? – Semmeln aka Brötchen. Sie werden eingeweicht, gebunden und gewürzt, aus dem so entstandenen Teig werden Knödel geformt und in Wasser gegart.
Knödelbrot
Für den Knödelteig schneiden Sie Semmeln in Scheiben, wobei es nicht zwingend Semmeln sein müssen, Brezeln, Laugenstangen und Weißbrot lassen sich ebenso gut verwenden. Das Brot sollte altbacken, also mindestens ein bis zwei Tage alt sein. Je semmelknödelaffiner die Bevölkerung, desto wahrscheinlicher bieten örtliche Bäckereien geschnittenes Knödelbrot in Tüten an oder schneiden, so sie mit der richtigen Maschine ausgestattet sind, auf Wunsch Brötchen vom Vortag. Die Bäckerei ist froh, ihre Altbestände los zu werden und Sie sollten es ebenfalls sein, weil Sie sich das Schneiden sparen. Kann Ihre Bäckerei nicht liefern, haben Sie andererseits die Gelegenheit, eigene Reste zu verwerten. Zerkleinern Sie die Brötchen am besten, solange sie noch halbwegs durchlässig sind – in Papier- oder Baumwollbeuteln halten sich die Scheiben problemlos ein bis zwei Wochen.
Weitere Zutaten
Die Zutatenliste bleibt recht übersichtlich: Milch und Eier sind unverzichtbar, Zwiebeln und Petersilie nahezu immer mit dabei. Manche schwören auf die Beigabe von Speckwürfeln oder alternativen Kräutern wie Majoran und Thymian, wogegen grundsätzlich nichts spricht, außer dass Semmelknödel vorzugsweise als Beilage gegessen werden und kompatibler ausfallen, wenn ihr Geschmacksbild nicht von dominanten Zutaten bestimmt wird.
Form und Textur
Knödel sind meistens Kugeln. Die richtige Größe ist umstritten, vereinzelt wurden mir schon Riesendinger in der Größe von Grapefruits auf den Tisch gestellt, was für mein Empfinden unangenehm rustikal wirkt. Im Schnitt können Sie von 90 – 100 Gramm Teig pro Knödel ausgehen, dann sind die Kugeln etwas kleiner als Tennisbälle.
Eine formale Alternative sind zylindrische Knödel, auch bekannt als Serviettenknödel. Während die runden Brüder direkt im heißen Wasser ziehen, werden Serviettenknödel zu wurstähnlichen Gebilden eingewickelt – früher wohl in Servietten, heute eher in Klarsicht- und Alufolie – und wandern so verpackt ins Wasser. Zum Servieren schneiden Sie die Zylinder in Scheiben, was weder besser noch schlechter ist als Kugeln, nur anders.
Am Inneren scheiden sich neuerlich die Geister. Immer wieder wird man mit amorphen Exemplaren konfrontiert, die nicht mehr als notdürftig zusammengeleimte Brotbrocken sind. Mich dafür zu begeistern, wird in hundert Jahren keiner schaffen. Die Textur des idealen Semmelknödels ist aus meiner Sicht möglichst homogen, mit leichten Lufteinschlüssen und höchstens vereinzelten Krustenfragmenten zur Auflockerung. Der Weg dahin sollte einleuchten: Je dünner Sie das Knödelbrot schneiden und je sorgfältiger Sie es einweichen, desto glatter werden die Knödel. Das Feintuning nehmen Sie mit bloßen Händen vor, indem Sie beim Teigkneten erbarmungslos alle größeren Bröckchen zerdrücken, die glauben, sie fänden unbeschadet in den Knödel.
Gerichte mit Semmelknödeln
Wenn in Bayern Schweinebraten serviert wird, kommt er nahezu immer mit Semmelknödeln und Kraut. Gesetzt sind Semmelknödel auch als Begleiter des österreichischen Beuschels, einem Ragout aus Lunge und anderen Innereien. Und wo südlich des Mains Pilzgerichte in Rahmsauce gereicht werden, sind Semmelknödel mindestens wahrscheinlich. Was darauf schließen lässt, dass sich Semmelknödel besonders gut für saucenlastige Fleisch- und Wildgerichte wie Braten und Geschmortes eignen, und außerdem mit hellen Saucen gut klarkommen, sofern diese ausreichend kräftig ausfallen.
Sollte Ihre Resteverwertung zu neuen Resten führen, sprich: Semmelknödel übrig bleiben, schneiden Sie diese in fingerdicke Scheiben und braten sie knusprig an, optional können Sie ein aufgeschlagenes Ei mitbraten. Vergegenwärtigen Sie sich, dass wir inzwischen über den zweiten Durchlauf altbackenen Brotes reden, Materials also, das meistens in den Müll wandert, ist die originelle Aromatik der gebratenen Knödelscheiben umso erstaunlicher. Essen Sie einen grünen Salat dazu und Sie werden nichts vermissen.
- 500 g Knödelbrot
- 500 ml Vollmilch
- 3 Eier, Größe L
- 1 mittelgroße Zwiebel
- 1/2 Bund Petersilie
- etwas Butter
- Salz, Pfeffer, Muskatnuss
- Ggf. Semmelbrösel oder Mehl zum Nachbinden
Knödelbrot in ausreichend große Schüssel geben. Milch bis knapp unterm Siedepunkt erhitzen und ca. drei Viertel der Milchmenge in kreisenden Bewegungen über das Brot gießen, sodass die Oberfläche möglichst gleichmäßig erfasst wird. 5 Minuten sacken lassen, restliche Milch zum eventuellen späteren Verdünnen beiseite stellen.
Eier aufschlagen und ebenfalls gleichmäßig übers Brot gießen. 5 – 10 Minuten ziehen lassen, dann das eingeweichte Brot mit den Händen kneten. Wirkt es noch zu stückig, weitere 10 Minuten ziehen lassen und erneut kneten.
Zwiebel schälen und fein würfeln, Petersilie fein hacken. Zwiebeln in etwas Butter glasig dünsten, Petersilie untermengen und ganz kurz mitdünsten. Zwiebel-Petersilie-Mischung in den Teig einarbeiten. Abschmecken mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss.
Großzügig bemessenen Topf mit Salzwasser zum Kochen bringen (die Knödel dehnen sich beim Garen aus). Derweil Konsistenz des Teiges prüfen: Er muss so fest sein, dass er stabil formbar ist, sollte aber noch Geschmeidigkeit aufweisen. Zu festen Teig mit Milch verdünnen, zu weichen mit Semmelbröseln oder Mehl binden. Im Zweifel kleinen Probeknödel formen und 5 – 10 Minuten leicht köcheln lassen.
Knödel formen: Für runde Knödel Teig in Portionen von 90 – 100 g teilen, mit angefeuchteten Händen zu Kugeln rollen und 20 – 30 Minuten im leicht köchelnden Wasser garen. Die Knödel steigen bald nach oben und fangen an, sich zu drehen. Alternativ den Teig dritteln und drei Rollen mit 6 – 8 cm Durchmesser formen. In (hitzebeständige) Klarsichtfolie, dann in Alufolie einrollen, Enden so verzwirbeln, dass spürbare Spannung ensteht. Die Rollen ebenfalls ca. 20 – 30 Minuten garen.
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