Ossobuco

Ossobuco, mit Soffrito und Tomaten geschmort und Gremolata bestreut, dazu Safranrisotto
Schmorgericht aus der Lombardei: Ossobuco, dazu Risotto alla milanese

Das italienische Wort Ossobuco klingt wirklich gut, weswegen Sie es besser nicht ins Deutsche übersetzen. L’osso ist der Knochen und il buco das Loch – egal wie Sie die beiden Wörter kombinieren, hört sich das Ergebnis nach nichts an, was man auf erfolgsorientierte Speisekarten oder Einladungen an Gäste schreibt. Der gelochte Knochen stammt vom Unterschenkel des Kalbes, der quer in Scheiben geschnitten und geschmort wird. Zur Freude aller Esser ist er vom Fleisch der Wade umschlossen und sein Loch mit Knochenmark gefüllt. Ossobuco ist ein traditionelles und höchst populäres Gericht aus der norditalienischen Lombardei, oft wird es genauer deren Hauptstadt Mailand zugeschrieben und mit dem Zusatz alla milanese versehen.

Ossobuco, Ausgangspunkt: Kalbshaxe (Kalbsbein, Kalbshesse, Kalbswade), in Scheiben geschnitten
Rohmaterial fürs Ossobuco: Kalbshachse, quer zum Knochen in Scheiben geschnitten
Ossobuco, Zutaten: Soffrito und Schmorsauce: Zwiebeln, Karotten, Staudensellerie, Lauch und Tomaten
Zutaten für die Schmorumgebung: Zwiebeln, Karotten, Staudensellerie, Lauch und Tomaten

Zutaten und Zubereitung

Die Kalbshachse bekommen Sie ohne Säge kaum in Scheiben geschnitten, zum Glück hat Ihre Metzgerei den Job bereits übernommen oder tut es auf Vorbestellung. Wie Ihre Wade ist auch die des Kalbes geometrisch gesehen kein Zylinder, sondern ein stumpfer Kegel, was in stark unterschiedlichen Scheibendurchmessern resultiert. Für Pedanten mag das eine harte Prüfung sein, doch aufs Gelingen der Zubereitung haben die Schwankungen netterweise keinen Einfluss.

Ossobuco: Kalbsbeinscheiben werden mehliert und angebraten
Kalbsbeinscheiben mehlieren und anbraten …
Ossobuco: Angebratene Kalbsbeinscheiben, rundum gut gebräunt
… bis sie rundum gut gebräunt sind

Im Gegensatz zu den meist dunklen und verdichteten Schmorgerichten aus Rindfleisch halten Sie das wesentlich hellere Kalb beim Schmoren lieber lichter. Der Prozess ist ansonsten derselbe: Sie wenden die Kalbsbeinscheiben in Mehl, braten sie an und nehmen sie aus dem Bräter.1 Jetzt schwitzen Sie Gemüsewürfel an, löschen mit Wein und Brühe ab, befördern die Kalbsbeinscheiben zurück in den Bräter, legen einen Deckel auf und schmoren das Ganze, bis das Fleisch so weich ist, dass Sie es ohne Messer mühelos zerteilen können.

Beim Ossobuco haben sich einige typische Gepflogenheiten herausgebildet. Das fängt bereits beim Braten an, wofür gemeinhin – eine Besonderheit der lombardischen Küche – Butter statt Öl verwendet wird. Wenn diese Ihnen fürs Anbraten von Fleisch zu heikel ist, nehmen Sie stattdessen das unempfindlichere Butterschmalz, das geschmacklich aufs Gleiche hinausläuft. Für die beim Schmoren üblichen Selleriewürfel werden statt Knollen fast immer die luftiger und »grüner« schmeckenden Stauden verwendet, der Wein ist in aller Regel weiß und die Brühe idealerweise ein heller Kalbsfond. Wenn Sie möchten, geben Sie außerdem Tomaten in die Schmorflüssigkeit.

Ossobuco, Ansatz Soffrito: Gemüsewürfel werde angebraten und mit Weißwein abgelöscht
Ansatz Schmorflüssigkeit: Soffrito anbraten und mit Weißwein ablöschen …
Ossobuco, Schmorflüssigkeit: Soffrito, Weißwein und Tomaten
… dann Tomaten unterrühren

Das Fleisch der Kalbshachse enthält trotz des vergleichsweise jungen Schlachtalters bereits reichlich Bindegewebe. Es eignet sich daher erstens nicht zum Kurzbraten, zweitens wandelt sich das Kollagen des Bindegewebes beim langsamen Garen in Gelatine, die dem geschmorten Fleisch seine unnachahmliche Mürbe verleiht. Funktionieren würde Ossobuco auch mit Beinscheiben vom ausgewachsenen Rind, die wirklich sehr spezielle Textur des Kalbsbeines scheint mir indessen das prägendste Merkmal des Gerichts zu sein, weshalb ich es nicht ohne Not durch Rind ersetzen würde.

Ein interessantes Element ist das Mark im Knocheninneren. Während des Garens verflüssigt es sich zusehends, bleibt aber im Knochen und dient beim Essen als schmackhafte, cremige Saucenzugabe (an der sich die Geister zugegebenermaßen scheiden).

Begleiter

In der italienischen Küche sind Nudeln oder Reis bekanntermaßen der primo piatto, also der erste Gang und keine Beilage. Eine der wenigen Ausnahmen ist die nahezu kanonische Kombination des Ossobucos mit Risotto alla milanese, das mit Safran und Knochenmark gekocht wird – Letzteres können Sie hier weglassen, das Ossobuco liefert es ja sozusagen à part. Der Reis ist aber mitnichten zwingend, Nudeln oder helles Brot sind wunderbare Alternativen.

Immer prima und bei praktisch jedem Italo-Geschmorten mit dabei ist Gremolata, ein Topping aus fein gehackter Petersilie, Zitronenschale und Knoblauch, das dem Fleisch einen äußerst belebenden Akzent verpasst.

Ossobuco, Ende des Schmorens, das Gericht kann jetzt serviert werden
Fertig zum Anrichten: Ossobuco
Ossobuco, mit Soffrito und Tomaten geschmort und Gremolata bestreut, dazu Safranrisotto

Rezept4 Personen

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Ossobuco alla milanese

  • 4 Kalbsbeinscheiben à 300 g
  • 2 mittelgroße Zwiebeln
  • je 100 g Karotten, Staudensellerie und Lauch (helles Ende)
  • 400 g geschälte Tomaten, frisch oder Konserve
  • 100 ml trockener Weißwein
  • 100 ml heller Kalbsfond oder andere helle Brühe
  • 3 Lorbeerblätter
  • Salz, Pfeffer, Butter(schmalz) zum Braten

Gremolata

  • Schale von 1 Zitrone
  • einige Petersilienblätter
  • 1 kleine Zehe Knoblauch

Kalbsbeinscheiben in Mehl wenden, leicht festklopfen und überschüssiges Mehl abschütteln. Zwiebeln fein würfeln, Karotten, Sellerie und Lauch in 5 mm große Würfel schneiden, Tomaten grob hacken, sofern sie noch am Stück sind.

Beinscheiben bei mittlerer Hitze auf beiden Seiten anbraten, bis sie gebräunt sind, salzen und pfeffern, dann aus dem Bräter nehmen und parken.

Zwiebeln in den Bräter geben und anschwitzen, bis sie weich und goldgelb sind. Karotten, Sellerie und Lauch zugeben und kurz mitschwitzen, dann mit Weißwein und Kalbsfond ablöschen, Tomaten und Lorbeerblätter unterrühren. Den Saucenansatz aufkochen, dann die geparkten Beinscheiben einlegen und den Bräter mit Deckel verschließen.

Auf kleinster Flamme oder im 130 °C heißen Backofen etwa 1,5 bis 2 Stunden schmoren, bis das Fleisch weich ist und sich mit der Gabel zerteilen lässt.

Kurz vorm Anrichten Zitronenschale, Petersilienblätter sowie Knoblauch fein hacken und die Gremolata übers Ossobuco streuen.

1 Die Kalbsbeinscheiben neigen dazu, sich beim Braten zu wölben. Sofern Sie das stört, können Sie die außenliegenden Hautschichten leicht einschneiden um Spannung herauszunehmen. Ich halte das Problem für nachrangig, meistens bildet sich die Wölbung im Verlauf des Schmorens wieder zurück.

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