Mangold

Stielmangold, weiße Stiele, fünf ganz Stauden
Eine der häufigsten Handelsformen von Mangold: weißer Stielmangold in überschaubarer Größe
  • EN (swiss) chard
  • FR (côte de) bette, blette
  • ES acelga
  • IT bietola

Zu den Gemüsen, die es wirklich nicht leicht haben, zählt ziemlich offenkundig Mangold. Mit seiner mehr als 4.000-jährigen Verzehrgeschichte ist er ein echter Methusalem unter den Lebensmitteln, dennoch wissen selbst erfahrene Esser oft nichts Gescheiteres, als ihn zum »Spargel des armen Mannes« oder Spinatersatz zu degradieren. Von den Römern in Europa verbreitet, war Mangold in Deutschland bis ins späte Mittelalter eine alltägliche Standardspeise, bevor er vom Spinat so rabiat verdrängt wurde, dass vielen Leuten nicht mal mehr seine bloße Existenz bekannt war und er im Gemüsehandel als Nischenprodukt für Exzentriker galt. Erst in den letzten Jahren scheint er eine Renaissance zu erfahren, seine inzwischen wieder flächendeckende Verfügbarkeit auf Wochenmärkten deutet zumindest darauf hin.

Stielmangold, weiße Stiele Blätter und Stiele separiert
Im Grunde zwei Gemüse: Stiele und Blätter separiert

Botanisch gehört Mangold zu den Gemeinen Rüben (Beta vulgaris), worauf man nicht gleich kommt, weil seine Wurzeln kulinarisch keine Rolle spielen. Dienten sie in früheren Zeiten noch der Zuckergewinnung, interessieren heute nur noch die Blätter und deren Stiele. Dem Verhältnis von Blattfläche zum Stiel können Sie ansehen, um welche der beiden Mangoldarten es sich handelt. Beim weitaus häufigeren Stielmangold sind die Stiele lang, dick und mehr oder weniger ausgeprägt längsgerillt, die Blätter runzelig und mit wulstigen Mittelrippen ausgestattet. Die Stiele können weiß sein oder sie bewegen sich zwischen gelben, orangen und roten Tönen, zuweilen sogar mehrfarbig gestreift. Durchweg grünlastig fällt hingegen der äußerlich an Spinat erinnernde Blattmangold aus, dessen Stielanteil kaum der Rede wert ist.

Stielmangold, weiße Stiele Blätter und Stiele separat blanchiert und abgetropft
Fertig zum Weiterverarbeiten: blanchierte Stiele und Blätter

In der Küche

Beim für mein Empfinden interessanteren Stielmangold handelt es sich im Grunde um zwei Gemüse in einem. Stiele und Blätter verhalten sich so unterschiedlich, dass sie nicht selten getrennt zubereitet und gegessen werden.

Die Ähnlichkeit zum Spinat beschränkt sich bei den Blättern nicht aufs Äußere, auch eine geschmackliche Nähe ist zu erkennen und sie fallen beim Blanchieren genau wie jener so stark zusammen, dass man jedes Mal staunt, wie sich ein Gemüse in wenigen Sekunden auf einen Bruchteil des Volumens komprimieren lässt.

Die Stiele mit Spargel zu vergleichen finde ich indessen recht weit hergeholt. Optisch ähneln sie eher Selleriestauden, wie diese entwickeln sie mit fortgeschrittener Reife stramme Längsfäden, die Sie besser abziehen oder die Stangen gleich dünn schälen. Geschmacklich fällt es mir ebenfalls schwer, Ähnlichkeiten zum Spargel zu erkennen. Die Stiele schmecken erdig und leicht mineralisch, mit zunehmendem Alter der Pflanze werden die mineralischen Noten stärker bis hin zur Dominanz. Die Blätter unterscheiden sich geschmacklich nicht fundamental, wirken aber »grüner« und frischer, was sie unterm Strich gefälliger als die Stiele macht, denen man im Gegenzug mehr »Charakter« attestieren kann. Ließen sich Mangoldblätter je nach Zubereitung durchaus für Spinat halten, wüsste ich nicht, mit welchem anderen Gemüse die Stiele verwechselt werden könnten.

Stielmangold, rote, gelbe und orange Stiele
Für Freunde kräftiger Farben: Stielmangold in rot, gelb und orange

Die Trennung von Stielen und Blättern muss auch beim Stielmangold nicht unbedingt sein. Sind die Pflanzen noch jung, können Sie den Unterschied zwischen beidem – ebenso wie beim Blattmangold – getrost vergessen. Die zarten Blätter mit ihren weichen, nur wenige Millimeter breiten Stielen schmecken bereits roh recht angenehm, angesichts des hohen Oxalsäuregehalts der Pflanze wird indessen vom Rohverzehr eher abgeraten. Ohnehin werden Sie im Handel kaum an junge Pflanzen gelangen, solche Freuden bleiben hauptsächlich Gartenbesitzern vorbehalten.

Ob sich die unterschiedlichen Farben auf den Geschmack auswirken? Sagen wir so: Ich würde mir nicht zutrauen, einen Blindtest zu bestehen. Natürlich finden sich wie bei jedem Gemüse erhebliche Unterschiede, abhängig von Sorte, Anbaubedingungen, Alter und Erntezeit, dass die Farbe dabei eine Rolle spielt, ist mir jenseits etwaiger psychologischer Effekte bisher nicht aufgefallen.

Mangold garen

Mangoldblätter zu blanchieren ist kein Muss, doch sind Sie – wie beim Spinat – stets gut beraten, wenn Sie es tun. Die Blanchierzeit beträgt wenige Sekunden bis zu einer halben Minute und wenn Sie die Blätter danach sofort kalt abschrecken, behalten sie ihre satten Farben.

Die Stiele können Sie ganz oder zerkleinert blanchieren, doch schadet es ihnen keineswegs, wenn Sie sich stattdessen fürs Braten, Dünsten oder Backen entscheiden. Ihre Farben lassen beim Blanchieren leider etwas nach (das gefärbte Wasser macht auf den ersten Blick klar, wohin sie entschwanden), die Blanchierzeit hängt von Alter und Größe der Stiele ab, beträgt indessen selten mehr als drei oder vier Minuten.

Stielmangold, rote, gelbe und orange Stiele blanchiert
Leicht verblasst, aber immer noch hübsch: farbige Stiele nach dem Blanchieren
Stielmangold, rotstielig, Blatt im Detail
Schönheitspreisverdächtig: Mangoldblatt aus der Nähe

Gerichte

Der eingangs erwähnte marginalisierte Stellenwert des Mangolds in der kulinarischen Welt lässt sich nicht zuletzt daran ablesen, dass es kein klassisches Gericht gibt, das auf Mangold basiert, ihn verpflichtend einschließt oder sich wenigstens kanonisch mit ihm paart1 – so wie, sagen wir, Rotkohl mit Gänsebraten oder grüne Bohnen mit Lamm. Mangold scheint etwas unrettbar Rustikales anzuhaften, weswegen er sich in der alltäglichen Küche inzwischen wieder tapfer schlägt, während die gehobene ihn zwar nicht ignoriert, aber ganz sicher nicht feiert.

Quiche aus Stielmangold, mit Zitrone, Ziegenkäse und Sahne
Mangoldquiche die einige gute Partner enthält, etwa Sahne, Zitrone und (Ziegen-)Käse

Sie können Mangold minimalistisch zubereiten, indem Sie die blanchierten Stiele oder Blätter – gerne beides zusammen – in Butter oder Olivenöl durchschwenken. Er schmeckt wunderbar als Füllung, z. B. von Pfannkuchen oder Quiches und er eignet sich hervorragend für Aufläufe und Gratins. Von entscheidender Bedeutung ist bei allen Zubereitungen, dass Sie Mangold mit geeigneten Partnern zusammenbringen:

  • Zitronensaft (und -schale) halte ich als Beigabe für nahezu zwingend, nur geringfügig verzichtbarer ist Sahne oder zumindest etwas Vergleichbares, etwa Crème fraîche oder Ricotta.
  • Immer gut zu Mangold ist Knoblauch (in Maßen).
  • Von den Gewürzen zählen Senf und Muskatnuss zu den probatesten.
  • Kräutertechnisch machen Sie mit Petersilie, Salbei und Rosmarin nichts falsch.
  • Außerdem stets einen Versuch wert: eingelegte Sardellen (gerne angebraten) und Käse, im Zweifel kräftigere Sorten.

1 Präziser: kein mir bekanntes klassisches Gericht. Falls Ihnen doch eines einfällt, lassen Sie es mich gerne wissen.

Kontext

Fragen, Jubel oder Klagen? Lassen Sie es mich und die anderen Leser wissen!