Kartoffelsalat

Kartoffelsalat mit Gurken, angerichtet in Schalen, mit Schnittlauch bestreut
Liebling der Massen: Kartoffelsalat, hier mit Gurken
  • EN potato salad
  • FR salade de pommes de terre
  • ES ensalada de patatas
  • IT insalata di patate

Dass jemand keinen Kartoffelsalat mag, halte ich für äußerst unwahrscheinlich. Wir können uns auch bestimmt darauf einigen, dass es sich um einen Klassiker deutscher Alltagsküche handelt. Beim Wie wird es dann bald schwieriger – die Varianten sind zahlreich und was den einen entzückt, gilt dem anderen als Frevel. Auffallend verbreitet ist die Vorstellung einer Grenze oder gar eines Grabens, der in etwa dem Main folgt oder bei manchen etwas nördlicher verläuft, und die beiden Hauptlager des Kartoffelsalatwesens penibel trennt. Nördlich dieses Grabens äße man ihn mit Mayonnaise, heißt es dann, während er südlich mit Essig, Öl und Brühe angemacht würde. Richtig daran ist, dass die Mayonnaise-Variante im Süden des Landes noch nicht mal unter ferner liefen rangiert, sondern man sie allenfalls von Urlaubsreisen oder vom Hörensagen kennt. Definitiv falsch hingegen ist die Annahme, die nördliche Population würde so geschlossen der Mayonnaise frönen, wie die südliche sie ignoriert. Die Neigung dazu ist fraglos je nördlicher, desto ausgeprägter, der Brühversion fehlt es aber auch in der oberen Landeshälfte nicht an Liebhabern, wie »Nordlichter« regelmäßig bestätigen.

Dann wäre da noch die Geschichte mit Weihnachten. Für ein Drittel oder je nach Quelle die Hälfte bis praktisch sämtlichen aller Deutschen komme an Heiligabend nichts anderes in Frage als Kartoffelsalat mit Würstchen – in dieser Reihenfolge. Schwer zu prüfen, ob stimmt, was zuverlässig jeden Advent reihum kolportiert wird, vielleicht spiegelt sich darin nur das Bedürfnis nach kuscheliger Gemeinsamkeit in einer zusehends fragmentierten Welt. Egal wie innig unsere Liebe zum Kartoffelsalat ausfällt – erfunden haben ihn wohl andere. Die Kulturhistorikerin Petra Foede verweist auf die früheste schriftliche Erwähnung 1597 in einem englischen Buch, das älteste deutschsprachige Rezept wurde 1621 in einem österreichischem Kloster niedergeschrieben.1 Kein Grund zum Gram, solange für Nachschub stets gesorgt ist, nicht nur zu Weihnachten, sondern ganzjährig in möglichst kurzen Zyklen.

Zutaten und Zubereitung

Geschälte Pellkartoffeln für Kartoffelsalat, Sorte Annabelle
Gute Kartoffeln sind die halbe Miete, z. B. gelbe, wachsige Annabelle

Nord oder Süd, Mayo oder Brühe: wichtig ist zunächst die richtige Kartoffel. Festkochende Sorten werden oft Salatkartoffeln genannt, womit der Wegweiser bereits gestellt wäre. Gefragt sind Gelbfleischigkeit und wächserne Oberfläche, wie sie etwa Annabelle, Belana, Ditta, Linda oder Sieglinde zu eigen sind. Eine gewisse Reife ist hier kein Makel, ganz im Gegenteil: Wenn Sie die Wahl haben zwischen neuen Kartoffeln und solchen, die schon ein paar Monate lagern, dann würde ich an Ihrer Stelle für Kartoffelsalat stets zu den abgehangenen greifen, weil sie besser saugen und »kartoffeliger« schmecken.

Die Heimat der Salmonellen ist nicht ausschließlich der Kartoffelsalat.
Gerhard Polt

Zutatenmäßig spannt sich der Bogen von puristisch bis experimentell – Kartoffelsalat hält gottlob eine Menge aus. Minimalistische Zubereitungen beschränken sich auf Kartoffeln und Zwiebeln, regional unterschiedlich populär sind Ergänzungen durch Äpfel, Endivie, Feldsalat, Erbsen, Gewürzgurken, gebratenen Speck, grüne Bohnen, hartgekochte Eier, allerlei Kräuter und vieles mehr. Fällt die Entscheidung zugunsten der Brühe, werden die Kartoffeln der höheren Saugfähigkeit wegen meistens heiß weiterverarbeitet, die Mayonnaise kommt dagegen mit vollständig ausgekühlten besser klar. Sauerrahm, Joghurt oder der Sud von Gewürzgurken werden gern genommen, um die Mayonnaise zu »verdünnen«, ich erinnere mich überdies an exotische Kreationen mit Kokosmilch statt Mayonnaise, die mehr als passabel schmeckten.

Dass ich als Schwabe nicht auf die Idee komme, eigenhändig Mayonnaise unter den Kartoffelsalat zu rühren, werden Sie mir hoffentlich nachsehen. Andererseits muss ich zugeben, dem an Nord- und Ostsee flächendeckend erhältlichen Backfisch mit Mayonnaise-Kartoffelsalat schon einiges abgewinnen zu können – nur eben nicht zweimal die Woche. Mein bevorzugtes Modell ist unoriginellerweise genau das, womit ich im Elternhaus regelmäßig gefüttert wurde, ein ziemlich klarer Fall von frühkindlicher Prägung: Kartoffeln, Zwiebeln und Salatgurke, selbstverständlich in Brühe. In Schwaben ist diese Kombination recht verbreitet, die »schlotzigen« Kartoffeln werden durch die knackige Frische der Gurken aufs Unwiderstehlichste kontrastiert.

Kartoffelsalat mit Gurken, angerichtet in Schalen, mit Schnittlauch bestreut

Rezept4 Personen

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Kartoffelsalat mit Gurken

  • 1 kg Salatkartoffeln
  • 1 mittelgroße Zwiebel
  • 1 Salatgurke
  • 1 EL scharfer Senf
  • 2 EL Essig, plus mehr zum Abschmecken
  • 4 EL Sonnenblumenöl, plus mehr zum Nachjustieren
  • 300 ml Rinder-, Hühner- oder Gemüsebrühe
  • Salz, Pfeffer
  • Schnittlauch nach Belieben

Kartoffeln sauber bürsten und mit der Schale in Salzwasser kochen oder dämpfen, bis sie sich mit einem kleinen Messer mühelos einstechen lassen und beim Versuch, sie herauszuheben, von der Klinge rutschen. Das Wasser abgießen und die Kartoffeln 5 Minuten offen ausdampfen lassen.

Kartoffelsalat, Ansatz: Zwiebel, Senf, Essig, Salz und Pfeffer
Kartoffelsalat ansetzen: Zwiebel, Senf, Essig, Salz und Pfeffer verrrühren
Kartoffelsalat, Ansatz: heiße Brühe ins Dressing rühren
Dressing verwollständigen: heiße Brühe unterrühren

Währenddessen die Brühe erhitzen und das Dressing ansetzen. Dafür die Zwiebeln schälen und fein würfeln. Senf mit Essig verrühren, die geschnittenen Zwiebeln untermischen, 150 ml der heißen Brühe zugießen und kurz durchrühren. (Das Öl folgt erst später.)

Kartoffelsalat: Pellkartoffeln schneiden und noch warm ins Dressing geben
In Scheiben geschnittene Kartoffeln noch warm ins Dressing geben
Kartoffelsalat: Pellkartoffeln mit dem Dressng verrühren und einige Stunden ziehen lassen
Kartoffelscheiben behutsam mit Dressing vermengen und durchziehen lassen

Die Kartoffeln pellen, größere Exemplare halbieren. In nicht zu dicke Scheiben schneiden und sehr behutsam mit dem warmen Dressing vermengen, abschmecken mit Salz und Pfeffer. Falls die Flüssigkeit bereits komplett aufgesogen ist, soviel Brühe zugeben, dass die Mischung noch Restflüssigkeit enthält – die Kartoffeln werden noch eine Weile weitersaugen. Salat mindestens 1 Stunde, besser 3 – 4 Stunden bei Raumtemperatur ziehen lassen, nach 30 Minuten nochmal den Flüssigkeitspegel kontrollieren und ggf. Brühe nachgießen.

Kartoffelsalat: entwässerte Gurkenscheiben zugeben
Nach dem Durchziehen: vorbereitete Gurkenscheiben zugeben
Kartoffelsalat: Gurkenscheiben unter den Salat rühren
Letzter Schliff: Gurkenscheiben untermengen und Kartoffelsalat final abschmecken

Kurz vor dem Anrichten Gurke schälen, in feine Scheiben hobeln, mit 1/2 TL Salz vermengen und 10 Minuten stehen lassen. Das ausgetretene Wasser abschütten und die Gurkenscheiben leicht auspressen, damit sie noch mehr Wasser verlieren. Gurken und Öl unter den Kartoffelsalat rühren und bei Bedarf mit Essig, Salz und Pfeffer nachwürzen.

Der Kartoffelsalat soll am Ende so feucht sein, dass er beim Rühren »schmatzt« und geschmeidig von der Kelle oder dem Löffel flutscht. Neigt er eher zum trockenen Batzen, weitere Brühe und etwas mehr Öl unterrrühren. Beim Anrichten nach Belieben mit Schnittlauch bestreuen.

1 Die Website von Petra Foede ist leider nicht mehr online, es gibt aber noch ihre archivierte Seite mit historischen Kartoffelsalat-Rezepten.

4 Kommentare

  • Flowsnake # 1 – 15.07.22, 21:06 Uhr

    Gleich beim ersten Satz voll daneben. Ich mag absolut keinen Kartoffelsalat, völlig egal, wie oder womit zubereitet.

    • Ralf Schmid # 1.1 – 16.07.22, 13:43 Uhr

      Naja, »voll daneben« ist ein klein wenig übertrieben, finde ich. »Äußerst unwahrscheinlich« lässt ja immerhin noch ein Schlupfloch für Kartoffelsalatablehner wie Sie. Darf ich mal aus reiner Neugier nachfragen, warum Sie Aufsätze zu Gerichten lesen, die Sie absolut nicht mögen?

    • Flowsnake # 1.2 – 17.07.22, 19:36 Uhr

      Ich habe nicht alles gelesen, tatsächlich bin ich lediglich durch den Einleitungssatz auf diese Seite gestoßen. Ich habe über die Jahre festgestellt, dass man vielerorts als eine Art Sonderling gilt, wenn man keinen Kartoffelsalat isst. Überraschend viele Menschen wollen dies nicht einmal akzeptieren, wenn man etwa sagt, man ernähre sich vegan. Hierzulande gibt es Kartoffelsalat fast ausschließlich mit Mayonnaise, die dann als “von Natur aus vegan” deklariert wird, auch wenn Ei zu den Zutaten gehört – da sagen dann aber viele, das sei ja kein tierisches Produkt.

    • Ralf Schmid # 1.3 – 18.07.22, 13:32 Uhr

      »Sonderling« hört sich erstmal abwertend an, aber mit viel Wohlwollen lässt sich der Begriff meinetwegen noch als neutral im Sinne einer von der Mehrheit abweichenden Position interpretieren. Nur dass sich eben erstens praktisch jeder mit irgendeiner Eigenheit zum Sonderling macht und es zweitens unverständlich ist, was es daran nicht zu akzeptieren gibt, zumal Ihr Kartoffelsalatverzicht ja absolut niemandem schadet. Die Leute haben halt stellenweise echt einen Hau weg, da kann man wohl nichts machen. »Von Natur aus vegan« finde ich aber nett, das merke ich mir.

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