Graved Lachs

Graved Lachs, angerichtet mit Sauerampfersauce und frittierten Kartoffelfäden
Es ist angerichtet. Graved Lachs, dazu Sauerampfersauce und ein bisschen Kartoffelstroh

Graved Lachs stammt aus den Weiten Skandinaviens und ist wörtlich übersetzt »eingegrabener Lachs«. Falls Sie keine Schaufel besitzen, können Sie sich insofern entspannen, als der Lachs heute nur noch von unentwegten Naturschwärmern vergraben wird, Realisten begnügen sich mit dem Kühlschrank. Bevor der Fisch in ihm »vergraben« wird, erhält er eine Trockenbeize aus Salz, Zucker, Gewürzen und Kräutern. Damit wird ihm erstens Wasser entzogen, zweitens übernimmt er Würze und Aromen von der Beize, drittens verändert er seine Textur, viertens wird er länger haltbar.

Ein Rezept zum Einstieg finden Sie am Ende dieses kleinen Aufsatzes, doch beleuchten wir zunächst den Hintergrund.

Auswahl des Fischs

Sie müssen nicht zwingend Lachs nehmen, ebenso gut geht es auch mit anderen Salmoniden wie Forelle, Lachsforelle oder Saibling. Höchstwahrscheinlich auch mit Nicht-Salmoniden, da ich solche aber weder je gebeizt noch in gebeiztem Zustand gegessen habe, kann ich dazu nichts Belastbares sagen.

Gebeizt wird Fischfilet mit Haut. Wichtig ist, dass der Fisch möglichst frisch und sorgfältig entgrätet ist, auch die Stehgräten, die der Fischhändler meistens drin lässt, ziehen Sie am besten vor dem Beizen raus.1 In Sachen Filet bieten sich zwei Optionen:

  • Sie verwenden eine komplette Fischseite (oder beide). Nachteilig ist, dass Fische nicht quaderförmig sind, sondern in Höhe und Breite stark schwanken. Das Beizen wird sich folglich ungleichmäßig auswirken, was nicht ohne Reiz sein muss.
  • Meine bevorzugte Variante: Sie holen sich einen ganzen Fisch, filetieren ihn, schneiden die dünner werdenden Enden ab, verspeisen diese direkt und beizen die relativ gleichmäßigen vorderen Teile der Fischseiten. Selbstverständlich können Sie auch einfach ein beliebig großes Stück einer Seite beizen.

Die Beize

Graved Lachs und Zutaten: Salz, Zucker, Dill, Lauchzwiebeln, Orangenschalen, Zitronenschalen, Koriander, Rosa Pfeffer, Fenchel
Der vorbereitete Lachs und die Beizzutaten
Graved Lachs: Zutaten sind auf dem Fisch, das Beizen kann beginnen
Alles drauf, das Beizen kann beginnen

Die Beize besteht mindestens aus Salz, alles andere ist optional und sehr zu empfehlen, aber fürs Funktionieren ist Salz die entscheidende Zutat. In der Mehrzahl der Fälle wird es mit Zucker vermischt, er entzieht dem Fisch ebenfalls Wasser und verleiht ihm gleichzeitig Süße. Dill und Wacholderbeeren vervollständigen den klassischen Kanon und Ihr kreativer Freiraum beginnt. Aus dem Kräuter- und Gewürzsegment verbietet sich so gut wie nichts, und niemand hindert Sie daran, sich vom »skandinavischen« Geschmacksbild in exotischere Gefilde aufzumachen.

Angaben zur Salz- und Zuckermenge sind in vielen Rezepten sehr vage und weichen auch stark voneinander ab. Was nicht schlimm ist – ab einer Mindestmenge Salz wird das Beizen sicher gelingen, die Bemessung regelt nur, wie der Fisch am Ende beschaffen sein und schmecken wird. Je mehr Salz und ggf. Zucker Sie in die Beize geben, desto trockener und fester wird er aus ihr hervorgehen. Die Festigkeit wird allerdings nicht nur von der Salzmenge bestimmt, sondern auch von der Zeit, die der Fisch in der Beize zubringt, wobei gilt: länger gleich fester. Dritte Stellschraube ist die verbreitete Praxis, ihn während des Beizens mit einem Gewicht zu beschweren, um durch äußeren Druck den Wasserverlust zu forcieren.

Wo also anfangen? Im Fall des Lachses (und anderer Salmoniden) sind Sie ab 4 – 5 Prozent Salz auf der sicheren Seite. Bei 500 Gramm Fisch wären das 20 – 25 Gramm Salz. Geben Sie etwa gleich viel (braunen) Zucker zu und beizen den Fisch 24 – 48 Stunden, erhalten Sie einen Graved Lachs, der in Textur und Geschmack als typisch bezeichnet werden kann. Wenn Sie das Ergebnis über alle Maßen begeistert, bleiben Sie dabei, wollen Sie ihn lieber weicher oder fester, würziger oder milder, drehen Sie beim nächsten Mal an den genannten Reglern.

Für die Beize verteilen Sie Salz, Zucker, gemahlene Gewürze und gehackte Kräuter auf der Fleischseite des Fisches und drücken alles etwas an oder reiben es leicht ein. Wenn Sie zwei Hälften verarbeiten, verfahren Sie mit der zweiten auf dieselbe Weise und legen dann beide übereinander – Fleisch- auf Fleischseite. Jetzt packen Sie den Fisch in einen Gefrierbeutel oder Klarsichtfolie ein und stellen ihn kalt. Sofern Ihnen eine festere Konsistenz vorschwebt, legen Sie etwas in der Art eines Küchenbretts auf und beschweren es.

Die Reifung

Graved Lachs am Ende des Beizprozesses
Ende des Beizprozesses, die Zuaten haben ihr Werk getan und können jetzt weg
Graved Lachs am Ende des Beizprozesses, Beizutaten sind entfernt
Da ist er ja, trocken, fest und mürbe: der fertige Graved Lachs

Als der Lachs noch vergraben wurde, ereilte ihn nicht nur Flüssigkeitsverlust, sondern er fermentierte auch ein wenig. Die Kombination machte unerwünschten Mikroorganismen das Leben schwer und den Fisch somit haltbar. Nicht superlange, aber doch nennenswert. Zum Fermentieren ist es in Ihrem Kühlschrank eher zu kalt, aber den Flüssigkeitsverlust können Sie sehen, insbesondere, wenn Sie den Fisch mit einem Gewicht beschwert haben. Nach 24 Stunden Beizen wird sich eine mehr oder minder ansehnliche Pfütze gebildet haben. Falls Sie das Beizen länger ausdehnen möchten, ist es ratsam, die ausgetretene Flüssigkeit einmal täglich abzuschütten.

Wie lange Graved Lachs unter diesen modernen Bedingungen haltbar ist, lässt sich aufgrund der Vielzahl von Einflussgrößen nicht präzise bestimmen, von ein paar Tagen können Sie aber allemal ausgehen.

Begleiter

Landauf, landab scheinen sich viele an sog. »Graved-Lachs-Sauce« zu erfreuen, einem pappsüßen Honig-Senf-Gemisch mit Dill drin, das auch als Konserve angeboten wird. Natürlich kann jeder essen, was ihm schmeckt, aber der Lachs würde wohl um Gnade flehen. Gebeizter Fisch ist ein filigranes Gebilde von einiger Raffinesse. Sein wachsig-mürber Biss und die frischen, feinen, fast schwebenden Noten werden vom Honig-Senf-Mix so plump übertüncht, dass der arme Lachs im Grunde nur noch das Mundgefühl besorgt.

Bleiben Sie also lieber subtiler. Adäquate Begleiter sind Zubereitungen aus Äpfeln, Birnen, Gurken, Fenchel, Avocados, auch Zitrusfrüchte oder Sauerampfer liefern harmonische Begleitaromen. Wenn schon Senf und Honig, dann als dezent dosierte Zutaten einer Vinaigrette, mit der Sie Obst oder Gemüse marinieren.

Graved Lachs, angerichtet mit Sauerampfersauce und frittierten Kartoffelfäden

Rezept2 – 4 Personen

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Graved Lachs

  • 500 g Lachsfilet mit Haut
  • 25 g Salz
  • 25 g brauner Zucker
  • Schale von 1 Zitrone und 1 Orange, in feinen Streifen oder gerieben
  • 2 Lauchzwiebeln
  • 1 Bund Dill
  • 1 TL Fenchelsamen
  • 1 TL Koriandersamen
  • 1 TL Rosa Pfeffer
  • 2 EL Olivenöl

Dill fein hacken, Lauchzwiebeln fein schneiden, Gewürze fein mörsern.

Lachs auf der Fleischseite mit Salz und Zucker einreiben. Zuerst Gewürze und Zitrusfruchtschalen, dann Dill und Lauchzwiebeln gleichmäßig auf dem Fisch verteilen, zum Schluss das Olivenöl darüber träufeln.

Lachs in Gefrierbeutel oder Folie einpacken, Päckchen in Auflaufform oder ähnliches Gefäß legen und beschweren, 48 Stunden im Kühlschrank beizen.

Nach 24 Stunden (oder öfter) ausgetretene Flüssigkeit abschütten.

Vor dem Anrichten die Beizmischung vom Lachs entfernen. Für mein Empfinden ist es ausreichend, sie mit einem Messerrücken abzuschaben und leicht mit Küchenpapier nachzureiben.2

(Geschickte) Traditionalisten schneiden den Graved Lachs schräg zur Haut in dünnen Scheiben ab – wie beim Räucherlachs. Die Textur kommt indessen besser zur Geltung, wenn der Fisch von der Haut befreit und in 2 – 3 cm breite Streifen oder Würfel geschnitten wird.

Das Rezept bleibt nahe am klassischen Geschmacksbild, macht es aber etwas bunter. Der Lachs wird so recht fest, falls Sie ihn noch fester haben möchten, können Sie die Beizzeit auch problemlos um 24 Stunden verlängern.

1 Stehgräten sind nicht unbedingt zu sehen, ihre Enden aber irgendwann zu spüren, wenn Sie mit den Fingerspitzen über den Fisch streichen und dabei die Richtung wechseln. Mit einer Pinzette oder kleinen Spitzzange bekommen Sie die zuweilen etwas hartnäckigen Störenfriede aus dem Fleisch gezogen.

2 Das an dieser Stelle beliebte »Abwaschen und Trockentupfen« finde ich ziemlich absurd, nachdem wir uns 2 Tage lang bemüht haben, dem Lachs Flüssigkeit zu entziehen, aber wenn Ihnen damit wohler ist, will ich Sie nicht davon abhalten.

Kontext

3 Kommentare

  • Christine # 1 – 12.09.23, 10:49 Uhr

    Oh Freude!! Der bisher beste Beitrag zu gebeiztem Lachs den ich finden konnte, der Bemerkung zur »Graved-Lachs-Sauce« möchte ich unbedingt lauthals zustimmen! Wertvoll für mich ist die Information, dass die einzig obligatorische Zutat das Salz ist, alles andere hingegen optional. Das ermutigt mich beim nächsten Mal die Beize ohne Zuckerzugabe zu versuchen und die süße liebliche Note vielleicht durch frische Stevia Blätter zu erreichen...

  • Manigk # 2 – 20.12.23, 16:35 Uhr

    Sehr gutes Rezept. Habe es voriges Jahr gemacht und er war super lecker, danke. Werde es jetzt zu Weihnachten wieder machen. Sehr zu empfehlen.

  • Thomas # 3 – 04.10.24, 14:58 Uhr

    Hervorragend erklärt, vielen lieben Dank dafür, habe viel dazugelernt. Und genau so werde ich morgen den Lachs zubereiten 👍😋

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