Mehlschwitze
Zugegeben, Mehlschwitze hört sich fast so schlimm an wie Mehlpampe, jedenfalls klingt es nach nichts, das man partout essen möchte. Die Alternativbezeichnungen Einbrenne und Schwitzmehl sind leider kein Stück besser. Freunde gewählten und eingeweihten Sprechs finden frühestens im küchenfranzösischen Pendant Roux endlich Erlösung.
Die Mehlschwitze ist eine klassische und sehr häufig angewandte Methode, Saucen, Suppen und andere Flüssigkeiten abzubinden. Für die Zubereitung wird Mehl in derselben Menge Fett erhitzt und mit kalter Flüssigkeit abgelöscht. Abhängig vom Ausmaß der Bräunung, die sich beim Erhitzen des Mehls entwickelt, unterscheidet man zwischen weißer, blonder und brauner Mehlschwitze (Roux blanc / blond / brun).
Ob weiß, ob blond, ob braun – da müssen wir mal schau’n. Und zwar, was Sie wollen. Für helle Saucen bzw. Suppen, sagen wir Sauce Béchamel oder Spargelcremesuppe, eignet sich am besten die weiße Variante, je dunkler die Sauce, desto brauner darf die Roux ausfallen. Das hat einerseits mit der Färbewirkung dunklerer Mehlschwitzen zu tun, andererseits mit der Zunahme von Röstaromen, die beim längeren und stärkeren Erhitzen von Mehl entstehen und das Geschmacksbild heller Saucen und Suppen beeinträchtigen würden.
Wenn wir bislang recht unscharf von Fett sprechen, liegt das daran, dass sich nicht jedes Fett für jede Mehlschwitze eignet. In weißen und blonden Mehlschwitzen kommt gemeinhin Butter zum Einsatz, die beim stärkeren Bräunen schnell verbrennen würde, weshalb Sie für braune Varianten lieber zu Butterschmalz oder pflanzlichem Fett greifen. Von entscheidender Bedeutung fürs Gelingen sind zwei Dinge:
- Rühren Sie das Mehl sorgfältig unters Fett, idealerweise mit dem Schneebesen. Eine korrekte Mehlschwitze ist glatt und geschmeidig.
- In eine heiße Mehlschwitze gießen Sie nur kalte Flüssigkeit. Sie können später mit heißen Flüssigkeiten ergänzen, aber beim ersten Zusammentreffen muss die Flüssigkeit kalt sein.1 Verrühren Sie auch die Flüssigkeit schnell und gleichmäßig mit dem Schneebesen – sollten einzelne Klümpchen entstehen, rühren Sie einfach weiter, bis sie verschwinden.
Was drin ist, ist drin, weswegen Flüssigkeiten durchs Binden mit Mehlschwitze zunächst nach Mehl schmecken. Um diesen Effekt zu schmälern, lassen Sie mehlgebundene Saucen und Suppen eine Weile kochen. Veranschlagt werden dafür im Allgemeinen 20 Minuten, falls Ihnen das zu lange dauert, kommen Sie bereits mit 10 Minuten schon ein gutes Stück weiter – zumal »Mehlgeschmack« ein dehnbarer Begriff ist.
1 Sie können anders herum auch die Mehlschwitze abkühlen und sie beim Wiedererwärmen mit heißer Flüssigkeit begießen. In der Praxis fallen mir für diese Reihenfolge allerdings keine Argumente ein.
Fragen, Jubel oder Klagen? Lassen Sie es mich und die anderen Leser wissen!
4 Kommentare
Cugel # 1 – 17.01.22, 22:03 Uhr
ad Fußnote: Humor (und Rezepte) nach meinem Geschmack. Danke.
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Mika # 2 – 28.06.23, 17:39 Uhr
Wenn ich meine Roux 10 Minuten köcheln lasse, dickt diese leider relativ schnell ein - mache ich etwas falsch? Ich will nämlich keine Joghurt-Konsistenz, sondern eher die einer Sahne. Muss ich dann anfangs mehr Milch und mehr Butter verwenden? Dann habe ich jedoch zu viel Soße. Ein Dilemma.
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Ralf Schmid # 2.1 – 28.06.23, 22:08 Uhr
Ein echtes Dilemma ist es eigentlich nicht: Sie nehmen entweder mehr Flüssigkeit oder weniger Mehl. Für die letztendliche Konsistenz ist nur das Verhältnis von Mehl und Flüssigkeit verantwortlich, die Butter bringt in erster Linie Geschmack und Geschmeidigkeit rein.
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Mika # 2.1.1 – 28.06.23, 23:39 Uhr
Eigentlich logisch, so wie du es hier erklärt hast. Danke vielmals!
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