Japchae
Unter den gefühlt etwa 5,7 Trillionen Nudelgerichten, die es auf der Welt gibt, fällt das koreanische Japchae als besonders rühmenswertes auf. Anders transkribiert kann es Ihnen auch als Jabchae oder Chapchae begegnen,1 und Sie machen nichts falsch, wenn Sie jedesmal beherzt zugreifen. In Deutschland wird Japchae meistens als Glasnudelsalat etikettiert, was einiges über nationale Vorlieben verrät, die Realität jedoch bestenfalls streift: Das einzige Salatmerkmal an Japchae ist der Umstand, dass es auch kalt gegessen wird, es schmeckt aber erstens heiß oder lauwarm mindestens so gut, zweitens macht die niedrige Temperatur ein Essen noch lange nicht zum Salat.
Zutaten und Zubereitung
Japchae besteht aus wechselnden Kombinationen von fein geschnittenen, gebratenen Gemüsen und Pilzen, gerne angereichert mit Streifen von Rindfleisch und eben den besagten Glasnudeln. Das Ganze wird in einer Mischung aus Sojasauce, (dunklem) Sesamöl und Gewürzen miteinander vermengt, im Ergebnis entsteht eine äußerst reizvolle geschmackliche Fülle, die nicht ausgeprägt exotisch wirkt, sondern auch für experimentierunwillige mitteleuropäische Gaumen noch mühelos anschlussfähig ist.
Glasnudeln
Die Glasnudeln sind von entscheidender Bedeutung, weil sie dem Gericht seine sehr spezielle Grundtextur verleihen, sie wirken im Mund völlig anders als die üblichen Weizennudeln und können insofern nicht einfach ersetzt werden. Auch den visuellen Aspekt dürfen Sie niemals außer Acht lassen, zählt das karamellfarben Gläserne der Nudeln doch zu den seltenen Erscheinungen, die das geschundene Auge immer wieder zu schauen wünscht.
Glasnudeln werden aus Süßkartoffeln hergestellt, genauer der Stärke, die den Süßkartoffeln entnommen wird. Sie erhalten Glasnudeln im halbwegs gut sortierten Asia-Laden, entweder als fadenfeine Vermicelli oder in Form von spaghettiähnlichen, langen Stäben von circa zwei Millimeter Durchmesser – fürs Japchae greifen Sie zu den Letzteren. Es besteht eine gewisse Gefahr, Glasnudeln mit Reisnudeln zu verwechseln, zumal verständliche Beschriftungen häufig nur irgendwo klein aufgeklebt sind oder ganz fehlen. Eindeutiger Indikator sind die Süßkartoffeln, fragen Sie also lieber nach, wenn es aus der Packung nicht klar hervorgeht.
Alle mir bekannten Glasnudelspaghetti wurden vor dem Trocknen gefaltet, ihre Bruttolänge beträgt demzufolge deutlich mehr als einen halben Meter. Die Nudeln zu kürzen ist dummerweise nicht so einfach wie mit Weizennudeln, weil sie im trockenen Zustand elastischer sind als jene und sich kaum zerbrechen lassen. Ich greife nach einer Reihe von Fehlschlägen inzwischen zum Seitenschneider (als geringstem Übel), verbreitet ist auch das nachträgliche Trimmen der gekochten Nudeln mit Scheren, was in mir leider einen unerklärlichen Widerwillen auslöst. Ich bitte an dieser Stelle ausdrücklich um Hinweise, falls Sie eine bessere Methode kennen. Ginge mir das Nudelzerkleinern weniger auf den Geist, würden sich meine Japchae-Zubereitungszyklen bestimmt drastisch verkürzen.
Gemüse, Pilze, Fleisch, Eier
Die Gemüseauswahl ist nirgends festgeschrieben. Populärste Kandidaten sind Zwiebeln, Karotten, Paprikaschoten und Spinat, spontan kann ich mir auch Spitzkohl, Lauch oder Sojasprossen prima darin vorstellen. Wichtig ist, dass Sie die rohen Gemüse sehr fein schneiden, sodass sie schnell garen. Als Pilze bieten sich getrocknete Shiitake an, ebenso gut können Sie frische Exemplare gleich welcher Art verwenden. Trockenpilze übergießen Sie mit kochendem Wasser und weichen sie zehn bis fünfzehn Minuten ein, dann lassen sie sich ohne Probleme zerkleinern.
Rindfleisch ist im Japchae keineswegs zwingend, macht sich aber ganz hevorragend. Es braucht nicht gleich Filet sein, Hüfte oder Hochrippe sind absolut in Ordnung. Wenn Sie Lust haben, braten Sie außerdem Eier und zwar Eiweiß und Eigelb getrennt. Dazu erwärmen Sie eine Pfanne auf mittlere Hitze und gießen das jeweils leicht aufgeschlagene Eiweiß und -gelb hinein und bewegen die Pfanne, damit sich möglichst dünne Fladen bilden (verdünnen Sie das Eigelb mit einem Teelöffel Wasser, falls es nicht so recht fließt). Die in kürzester Zeit garen Omeletts lassen sie abkühlen, um sie abschließend in dünne Streifen zu schneiden, die Sie aufs angerichtete Japchae geben.
- 200 g Glasnudeln, ca. 2 mm dick
- 200 g Rindfleisch (z. B. Hüfte oder Hochrippe)
- 1/2 rote, mittelgroße Paprikaschote
- 1 mittelgroße Karotte
- 1 mittelgroße Zwiebel
- 300 g frischer Spinat
- 15 g trockene Shiitake-Pilze
- 1 Knoblauchzehe
- 2 Eier
- 80 ml helle Sojasauce, plus mehr zum Abschmecken
- 2 EL dunkles Sesamöl, plus mehr zum Abschmecken
- 1 EL brauner Zucker
- 2 EL weiße Sesamkörner
- Pfeffer, neutrales Pflanzenöl zum Braten
Rindfleisch in 5 mm dicke Streifen schneiden. Knoblauchzehe fein hacken, mit 2 EL der Sojasauce, 1 EL des Sesamöls und etwas Pfeffer verrühren. Rindfleisch mit der so erhaltenen Marinade vermengen und beiseite stellen.
Shiitake-Pilze mit kochendem Wasser übergießen und ebenfalls beiseite stellen.
Karotten schälen und in möglichst feine Streifen schneiden. Paprika von Kerngehäuse und Zwischenwänden befreien und in feine Streifen schneiden. Spinat putzen (nicht zu grobe Stiele dran lassen) und einige Sekunden lang blanchieren, bis er zusammenfällt. Mit kaltem Wasser abschrecken, gut ausdrücken und die Spinatkugel grob zerkleinern, damit sich die Blätter besser verteilen.
Eier trennen, aus Eiweiß und Eigelb jeweils ein dünnes Omelett braten, aus der Pfanne nehmen, abkühlen lassen und in feine Streifen schneiden. Sesamkörner in einer Pfanne ohne Fettzugabe anrösten, bis sie goldbraun sind und stark durften, vom Herd ziehen und abkühlen lassen.
Die inzwischen weich gewordenen Shiitake-Pilze abgießen, ausdrücken und in feine Scheiben schneiden. Zwiebel schälen und in feine Streifen schneiden.
Glasnudeln nach Packungsanweisung kochen. Die garen Nudeln auf ein Sieb gießen und mit kaltem Wasser gründlich abspülen, um die überschüssige Stärke zu entfernen.
In Pfanne oder Topf, die so groß bemessen sind, dass alle Zutaten darin Platz finden, etwas Pflanzenöl erhitzen und die marinierten Rindfleischstreifen anbraten, bis die Oberfläche rundum geschlossen ist, dann aus der Pfanne nehmen.
Die Hitze etwas reduzieren, ggf. Öl nachgießen und zunächst die Zwiebeln anbraten, bis sie goldgelb und weich sind, dann Karotten, Paprika und die Pilze zugeben und zwei bis drei Minuten mitbraten. Gemüse aus der Pfanne nehmen und parken.
Restliche Sojasauce, das verbliebene Sesamöl und den Zucker in der Pfanne aufkochen, die Nudeln zugeben und rühren, bis sie die Flüssigkeit größtenteils aufgesogen haben. Angebratenes Gemüse, Spinat, Pilze und Fleisch untermengen und ein, zwei Minuten erwärmen. Nach Belieben mit weiterer Sojasauce und Sesamöl abschmecken.
Japchae auf Tellern oder in Schalen anrichten, mit gelben und weißen Eierstreifen belegen und mit Sesamkörnern bestreuen.
1 Egal welche Transkription, geht die Aussprache nicht aus ihr hervor, sofern Sie des Koreanischen nicht mächtig sind: Japchae wird in etwa Tschaptsché ausgesprochen.
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